Die andere Sicht

Künstle’s Sicht: Nach Russland auch noch China boykottieren?

 

– Von der Leyen und Berlin wollen sich auch von China „lösen“ 
– 191,3 Mrd. Importe ersetzen bedarf 3 Millionen Arbeitskräfte 
– Wer hat Interesse daran, unser Land so abzuwirtschaften? 


von Albrecht Künstle *)

 

Europas Eliten (?) waren auf Werte-Mission in Peking, um Chinas Machthaber ins Gewissen zu reden. Von der Leyen und Macron wollten europäische Geschlossenheit demonstrieren, reisten aber in getrennten Flugzeugen an, obwohl sie unweit voneinander in Brüssel und Paris residieren. Vielleicht hatte die getrennte Anreise diesen Grund: Die beiden haben verschiedene Ziele. Die Deutsche von der Leyen strebt mit ihrer EU einen harten Kurs gegenüber dem vielfach größeren China an.

Nach dem Boykott Russlands denkt sie auch über einen solchen gegen China nach. Macron dagegen ist eher an einer Annäherung zu Peking gelegen. So ändern sich die Zeiten. Es war Macron, der von der Leyen in den EU-Sattel hob und sie zur Kommissionspräsidentin machte, obwohl der ebenfalls deutsche Manfred Weber für die EVP in den Ring gestiegen war. Es ging in Peking aber auch darum, China für die ukrainische NATO-Politik gegen sein Nachbarland Russland zu mobilisieren. In diesem Artikel geht es jedoch um den aufziehenden Wirtschaftskrieg, der noch schlimmer enden könnte als der Ukrainekrieg.

Wir sollten uns aus der Abhängigkeit von China lösen, diese nicht etwa verringern, heißt es allenthalben. Nach der „Abhängigkeit“ von russischem Öl und dessen Sanktionierung (Bestrafung) mit allen desaströsen Folgen für uns, nun auch beim Import chinesischer Waren den Hebel umlegen? Zumindest was den Import von wichtigen Gütern angeht? Aber welche sind unwichtig und wurden trotzdem importiert? Und welche sind wichtig, und warum haben wir diese Güter nicht selbst hergestellt? Dafür gibt es gute Gründe.

Deutschland importierte im Jahr 2022 aus China Güter im Wert von 191,3 Mrd. Euro. Darunter Material, welches für die erklärte Wumms-Energiewende dringend benötigt wird. Von den Produktionskapazitäten und Bauteilen der Windkraftanlagen des Globus stellt China 60 Prozent der Gestelle. Dasselbe gilt für die Rotorblätter der Windräder. Bei den Gondeln (die Generatoren der WKAs) sind es sogar über 60 bis 70 Prozent. Auch 75 Prozent der Akkus/Batterien sind Made in China. Die Solarzellen der Welt werden zu über 80 Prozent in China hergestellt und die Wafer (für die Solarzellen und Mikrochips) fast 100prozentig in China, letztere hauptsächlich in Taiwan.

Sind wir in Deutschland zu blöd, diese Güter herzustellen? Nein, das hat einen banalen Grund. Zum einen sind die Waren aus China billiger aus vielerlei Gründen – nicht nur wegen der Lohnkosten. China hat ein paar Malocher mehr als wir. Dort sind 733,5 Mio. erwerbstätig, in Deutschland nur rund 46 Mio. Menschen. 16mal so viele Beschäftigte als bei uns schaffen auch mehr, zumal diese sich auch weit weniger um sich selbst drehen. Und: China verzichtet auf eine Massenzuwanderung, die produktivitätshemmend ist, wie Deutschland zeigt.

Was würde passieren, wenn wir es mit China genauso machten wie mit Russland? Nachgerechnet: Teilt man das Importvolumen aus China in Höhe von 191,3 Mrd. Euro durch unsere Arbeitskosten von durchschnittlich 40 Euro pro Stunde, wären für die Ersetzung dieser Importe mittels Inlandsproduktion sage und schreibe 2,4 Mio. Vollzeitarbeitskräfte nötig. Unter Berücksichtigung des Teilzeitanteils wären es um die drei Millionen, die wir mehr bräuchten – zusätzlich zu den jetzt schon fehlenden Arbeitskräften.

Was glauben denn die Tagträumer, wieviel Fläche zusätzlich versiegelt würde? Und wieviel neue Baugebiete erschlossen werden müssten, um Wohnungen für 2,4 Mio. Arbeitskräfte zu bauen? Einschließlich Familienangehörigen müssten ja sogar Wohnungen für sieben Millionen Menschen gebaut werden. Noch nicht einmal dann, wenn man die Importe um die Hälfte reduzieren und dieses Volumen ersatzweise selbst produzieren wollte, ist dies möglich. Können sich die Kommissionspräsidentin und die Berliner Clique denn nicht vorstellen, dass es für fast alles einen guten Grund gibt – außer eine solche Regierung zu haben.

Man muss den Chefchinesen Xi nicht mögen, ich tue es auch nicht, diesen Miesepeter mit dem Pokergesicht. Er wirft mit seiner Politik das Land wieder zurück – aber darin sind sich unsere Länder ja ähnlich. Auch die Coronapolitik Chinas versuchten unsere Politiker nachzuahmen. Die Berliner Machthaber werfen unser Land ebenfalls zurück, wie es Xi Jinping tut. Ein Unternehmen nach dem anderen hat die Nase voll und schlägt seine Zelte in anderen Ländern auf.

Durch Berlins Politik verlieren Abertausende ihre Arbeit. Aber auch, wenn es eine Million werden, können diese den Arbeitskräftebedarf nicht decken, der durch die Ersetzung der Importe auch aus China entstehen würde. Zusätzlich müsste man per Zwangsarbeit unsere 2,6 Mio. Arbeitslosen mobilisieren, die „Unterbeschäftigung“ beträgt sogar 3,465 Mio. Menschen. Doch damit würden wir China immer ähnlicher, denn Xi lässt auch die muslimische Minderheit, die Uiguren, zwangsarbeiten.

Soll Deutschland Chinas Staatskapitalismus nacheifern? Jenes zunehmend wieder kommunistische (?) Land gibt 1,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für seine Industriepolitik aus. In Deutschland sind es inzwischen auch schon über 1,2 Prozent (47,3 Mrd. von 3,87 Bio. Euro BIP). Gleichzeitig wirft die EU den USA nun vor, riesige Industrieprogramme aufzulegen. 280 Mrd. Dollar für die Produktion von Computerchips, 369 Mrd. für E-Autos, Wärmepumpen und Solaranlagen. Zusätzlich 250 Mrd. Dollar Kredite für den Aufbau grüner Produktionskapazitäten.

Die USA gibt für ihre grüne Offensive Summen aus, von denen EU-Funktionäre feuchte Augen bekommen müssten. Aber das ist nun auch wieder nicht recht, Stichwort „Wettbewerbsverzerrung“. Wie hätten sie es denn gerne? Jedenfalls ist der Westen rechnerisch gesehen auf dem besten Weg in eine Staatswirtschaft à la China.

Was uns bleibt ist, die chinesische Kröte Xi Jinping zu schlucken. Was auch sonst? Denn dieser kann sich schließlich auch nicht aussuchen, wen wir Deutschen in Berlin regieren lassen. Seien wir also gespannt, was die deutsche Ministerin des Äußersten Baerbock diese Woche in Peking will. Als der Bundeskanzler im November 2022 nach China reiste, hatte sie verschiedene Forderungen an ihn. Hörte er nicht auf sie und will sie jetzt selbst mit Xi Tacheles reden? Hoffentlich erklärt sie nicht auch dort nebenbei den Krieg wie auf dem G20-Gipfel, wo sie behauptete, mit Russland im Krieg zu sein.

Meine Mutter pflegte oft zu sagen, „Wenn Gott die Menschen bestrafen will, nimmt er den Herren den Verstand.“ Vor 25 Jahren verstorben konnte sie noch nicht wissen, dass einmal „herrliche“ Damen wie die hier genannten in die Politik gehen würden.

 

*) Informationen zum Autor siehe HIER

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