– Satire nur, wenn sie von Gesinnungswächtern gutgeheißen wird?
– Die strenggläubigen Taliban hätten auch bei uns ihre helle Freude
von Albrecht Künstle *)
Millionen Menschen fällt nach über einem Jahr Corona-Hickhack die Decke auf den Kopf. Viele werden seelisch krank, gehen zum Psychiater, wenn diese nicht selbst hohldrehen, manche nehmen sich das Leben. Da gibt es noch mitleidende Kunstschaffende und Schauspieler/innen, nur leiden sie anders. Sie werden nicht in Kurzarbeit geschickt, sondern müssen ihre Brötchen mit harter Maskerade verdienen. Nun platzte 53 von ihnen der Kragen und sie übten sich in Satire. Jede/r was er/sie konnte, mehr oder weniger geglückt. Jeder/jede produzierte einen Sketch über Corona und dem was von der Politik daraus gemacht wird. Was ein normaler Mensch eigentlich nur noch im Suff ertragen kann – oder eben mit Satire.
Seit Charly Hebdo hätten die 53 aber wissen müssen, dass Satire nicht ungefährlich ist. In Paris wurde aus Gewehrrohren auf die Satiriker geschossen. In Deutschland nun aus allen (Medien‑)Rohren und mit allem, was die Meinungsmacher in Redaktionsstuben und Funkhäusern im Arsenal haben. Zwar geschieht das noch mit Worten, was aber nicht weniger schlimm ist, denn die rhetorischen Kanonaden können berufliche Todesfolgen haben.
In Paris waren es nur wenige Feinde der Satire. In Deutschland ist es eine regelrechte Phalanx von Satirekritikern. Dieselben, die in ihren Medien selbst nicht mit Satire zurückhaltend sind, auch nicht mit recht zweifelhafter. Aber selbst Berufskollegen/innen der Schauspieler/innen beteiligen sich an den Beschimpfungen. Aber OK, das Metier der Kunstschaffenden muss ja nicht besser sein als das der Politiker/innen, die ebenfalls leidenschaftlich übereinander herfallen. Was war eigentlich geschehen? Nehmen wir die Szene, in der einer aus einer Tüte einatmet, und die Luft in eine andere Tüte ausatmet. Die Idee mit der aerosolen „Mülltrennung“ war nicht übel.
Millionenfach wird mit zunehmender Begeisterung (?) aus Mundwindeln eingeatmet, in die man zuvor ausgeatmet hat. Ich hätte das Ding aber anders gedreht, nämlich mit vier Masken übereinander, alleine in einem PKW. Vier, weil es ein Viersitzer ist. Ich sah das tatsächlich schon in einem Auto, nur ein Fahrer drin (oder eine Fahrerin?) mit doppelter Gesichtsmaske! Und kommentiert hätte ich die Szene mit „Ich sterbe mit Sicherheit nicht an Corona“ – weil der Tod wegen Bewusstlosigkeit an einem Baum schneller geht. Aber ich bin ja kein Künstler, sondern nur ein Künstle.
Verhöhnung der Opfer unterstellt man den 53 Abtrünnigen. Ich glaube nicht, dass sich jemand durch solche Satire verhöhnt fühlt, wer wegen der Beerdigung eines/r Angehörigen auf dem Friedhof gezwungen ist, mit nur wenigen zugelassenen Trauergästen eine Maske zu tragen und sich nicht einmal die Nase schnäuzen kann, wenn diese ebenso läuft wie die Tränen. Solche Vorschriften verhöhnen vielmehr die Wissenschaft, die unisono bestätigt, dass es im Freien kaum eine Ansteckungsgefahr gibt. Keine Gefahr, weder auf einer Demo noch auf dem Friedhof. Über solche Verhöhnung wird hinweggeschaut, man beteiligt sich sogar daran mit Wollust.
Die Gesinnungswächter/innen unseres Landes erinnern mich an die Taliban in Afghanistan. Jene bestimmen, was Allah wohl gefallen könnte und was nicht. Bei uns wird nicht einmal darüber sinniert, was an Corona-Maßnahmen notwendig, vernünftig oder aber blödsinnig und schikanös ist. Was Politik und Verwaltungen absondern, wird fast als Gotteswort betrachtet, nur noch göttlicher. Und gottgefällig ist, was der Kanzlerin gefällt, basta. Da verstehen die keinen Spaß und lassen keinen Spielraum für Angemessenheit.
Die Narren an ehemaligen Herrschaftshäusern hatten noch das Recht zu spotten, selbst gegen ihre eigene Obrigkeit. Insofern ist die Ächtung von Spott oder Satire kein Rückfall ins Mittelalter, eher ein Ausflug in Orwells „1984“. Ich würde mich nicht wundern, wenn einige der 53 Schauspielern/innen die Schnauze voll haben von dem Schauspiel der geistigen Taliban auf allen Ebenen und Deutschland den Rücken kehrten – wie es Tausende schon getan haben. Sich für öffentlich-Rechtliche verdingen zu müssen ist so langsam wie der einstige Gang nach Canossa.
*) Informationen zum Autor siehe „Künstles Sicht„
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