Künstle’s Sicht: Auf den UN-Migrationspakt folgt ein EU-Migrationspaket
– UN-Menschenrecht auf Migration zeitigt seine ungenießbaren Früchte
– von der Leyens fragwürdige Arbeitsteilung löst Kopfschütteln aus
von Albrecht Künstle *)
Es war vor zwei Jahren, als mit dem Migrationspakt der UNO gegen den Willen vieler Länder ein Menschenrecht auf Migration festgezurrt wurde. Aber wem ein Recht auf Emigration gewährt wird, der macht logischerweise auch ein Recht auf Immigration geltend. Das wurde anscheinend nicht bedacht, oder aber die große Zahl der Emigrationsländer haben die Zielländer einfach überstimmt?
Die Erfahrung zeigt, dass diese Migranten sehr konkrete Vorstellungen haben, wo sie sich niederlassen wollen. Und welche Routen und Zwischenstationen sie wählen, um letztlich in ihr gelobtes Land zu kommen. Ein solches Etappenziel sind derzeit die griechischen Inseln, aber auch Zypern. Und diese Migranten wissen genau, wer wie in welchen Ländern denkt. Der ungarische Botschafter in Deutschland Peter Györkös sagte es unverblümt, „Wir ticken in der Asylfrage anders“ als Merkel-Deutschland.
Die Weltenbummler kennen auch die geeigneten Mittel, wie sie die Herzen und Geldbeutel der ausgeguckten Aufnahmeländer erweichen können. Ein solches Mittel war, das Zwischenlager Moria auf Lesbos in Brand zu stecken, und tatsächlich bekommen sie neue Zelte und viele Zusagen der Ausreise. Man fühlt sich an Genscher erinnert, als er am 30. September 1989 den Urlaubern in der Prager Botschaft verkünden konnte, „dass heute ihre Ausreise möglich gemacht wurde.“ Damals waren es noch Deutsche, die nach Westdeutschland reisten, nun sind es Menschen aus Vorderasien und Nordafrika, die nach Gesamtdeutschland wollen – meistens zu ihren Verwandten, die sich schon zuvor zu uns durchgeschlagen haben.
Weil die Kanzlerin nicht schon wieder signalisieren kann wie 2015/16, kommt zu uns „Wir schaffen das“, soll nun schon auf den Inseln entschieden werden, wer wohin soll. Als ob das auch nur einen von ihnen hindern würde, schließlich doch in Deutschland zu landen. Denn so, wie sie aus den deutschen Erstaufnahmeeinrichtungen zu den Großfamilien in die Metropolen ziehen, sobald sie einen Aufenthaltsstaus erhalten, so wird es auch jetzt wieder sein. Noch dubioser ist die „Übernahme der Rückführung von Personen ohne Aufenthaltsrecht oder auch verschiedene Formen der operativen Unterstützung…“ anstelle der Aufnahme von Migranten. So steht es wörtlich in v.d. Leyens Migrationspaket der EU-Kommission.
Aber wie soll so etwas funktionieren? Orban und Co. sollen zur Strafe für die Nichtöffnung ihrer Länder Migranten abschieben? Welche? Sie können doch keine Migranten zurückführen, die erst gar nicht ins Land kamen! Dann die Rückführung unserer Migranten übernehmen, weil wir dazu nicht imstande sind? Aber es ist doch realitätsfern, dass ungarische oder polnische Polizei nach Deutschland kommt, um unsere hunderttausende Ausreisepflichtigen zurückzubringen. Mit welcher Befugnis, Ausrüstung und mit welchen Verkehrsmitteln? Und wären diese ausländischen Rückführer stark genug, die Menschenketten aus „Gutmenschen“ zu durchbrechen, die sich um die Wohnungen der Ausreispflichtigen bilden würden?
Ich verstehe diesen Schachzug der Kommissionspräsidentin v.d. Leyen nicht, aber ich bin kein guter Schachspieler. Wer weiß, vielleicht kann sie an der neuen Stelle ihr strategisches Genie entfalten, das bisher von allen verkannt wurde? Vielleicht bin ich auch intellektuell nicht in der Lage, den Sinn und Zweck zu verstehen, „Übernahme der Rückführung von Personen ohne Aufenthaltsrecht oder auch verschiedene Formen der operativen Unterstützung…“ Ist es der Versuch, die Akteure der Visegrad-Länder zu überrumpeln, weil eine solche strategische Raffinesse kaum in andere Sprachen übersetzt werden kann?
Vielleicht unterschätzen wir auch die Macht, welche diese Kommissionspräsidentin auf Vorschlag ihres französischen Förderers Emanuel Macron nun innehat? Die Badische Zeitung schrieb am 24.9.2020 wörtlich, „China geht beim Klimaschutz voran … Damit kommt Xi einer Aufforderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach.“ Wow. Wenn sich sogar China diesen zwei Damen beugt, um wieviel mehr muss dann das eigene europäische Haus vor ihnen zittern!
Aber nein, ich hab’s: Die bisherigen Aufnahmeverweigerer stimmen der Sache letztlich doch zu, weil sie diese Regelung auch nicht verstehen, aber es nicht zugeben können – genial, diese v.d. Leyen.
*) Informationen zum Autor siehe „Künstles Sicht„