Künstle’s Sicht: Welch gute Menschen wir doch im Breisgau haben
– Die eine Dame kämpft für den Verbleib eines gestrauchelten Türken
– Drei andere verkünden in der Zeitung: „Die Deutschen gibt es nicht“
von Albrecht Künstle *)
Zwei Zeitungen – die Badische und Der Sonntag vom gleichen Verlag – berichteten an zwei Tagen hintereinander jeweils halbseitig von edlen Menschen im Breisgau über ihren Einsatz für Andere. Das liest man doch gerne, zumal es sich um vier Frauen handelt. Deren Einsatz gilt aber nicht etwa Nachbarn, armen Leuten oder sonst Hilfsbedürftigen. Wichtig scheint ihnen in ihrer umgekehrten Form von Rassismus zu sein, dass es keine Einheimischen sind. Lesen sie selbst.
Die Badische Zeitung beklagt „Bötzinger Türken droht Abschiebung“. Schon die Überschrift ist irreführend, denn es handelt sich um einen einzigen. Richtig ist, dass er Türke blieb, obwohl er hier geboren ist. Er gehört wohl zu jenen, die zwar die deutsche Staatsangehörigkeit haben könnten, die aber Erdogans Appell befolgen, dies nicht zu beantragen und Türken zu bleiben. Was ist der Grund für die Ausweisung? Er ist einer derer, die unsere Kriminalitätsstatistik stark trüben. Der heute 35jährige saß dafür auch viermal im Gefängnis, was aber nichts half. Deshalb sollte er abgeschoben werden. Das Verwaltungsgericht Freiburg lehnte die Klage gegen die Ausweisung ab.
Der Grund für das VG: O.A. sei „eine schwerwiegende Gefahr für die öffentlich Sicherheit und Ordnung. Die Ausweisung ist unerlässlich, um Grundinteressen der Gesellschaft zu wahren. Auch der Schutz des Eigentums sei für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft und Gesellschaft wichtig. Die Richter konnten keinen grundlegenden und nachhaltigen Wandel in der Lebenseinstellung von A. erkennen. Nach einer Haftentlassung sei kein stabiler sozialer Empfangsraum erkennbar.“ Im letzten Satz irrte sich das Gericht, denn eine ältere SPD-Gemeinderätin hat ein Herz für ihn und unterstützt die Revision vor dem OVG Mannheim. Damit hat dieser Mann sogar zwei Fürsprecher: Erdogan kann solche Leute auf seinen Schiffen brauchen, die es mit dem Eigentum anderer nicht so genau nehmen. Und die Dame hätte ja auch die Möglichkeit, ihm bei der Resozialisierung in der Türkei zu helfen.
Der Sonntag am Tag darauf ganzseitig: Drei abgelichtete Frauen mittleren Alters namens Ntanguen, Balon und Peron „schmücken“ die Seite. Vorgestellt wurden sie mit der Schlagzeile „Zeitung mit transkultureller Identität“. Sie geben seit zehn Jahren eine IN-ZEITUNG heraus, die den Integrationspreis der Stadt Freiburg erhielt und von der Bundeszentrale für politische Bildung ausgezeichnet wurde. „Integration“ las ich, aber auch den Zwischentitel, „die Deutschen gibt es nicht“. Ich rieb verwundert die Augen und fragte mich, haben wir Einheimische uns immer noch nicht in die Gedankenwelt solcher Frauen integriert? Dann schlug ich das Grundgesetz auf und wollte wissen, ob mir etwas entgangen ist. Wurden wir „Deutsche“ schon aus dem Grundgesetz entfernt? Nein, las ich beruhigt, in den Artikeln 1, 8, 9, 11, 12, 16, 19, 33, 54, 56 kommen wir noch vor.
Deshalb frage ich mich, warum wird gegen solche Damen mit rassistischen Gedanken und Äußerungen nicht ermittelt und deren Zeitungen sogar ausgezeichnet? Oder warum machen sich die Damen und Herren in den Behörden keine Gedanken darüber, ob deren Aktivitäten des Vereins noch gemeinnützig sind? Denn sie räumen ein, „Wir sind mittlerweile bis nach Berlin vernetzt, auch um Fördergelder für Projekte zu erhalten.“ Aber vielleicht wagt das niemand, weil die deutsch-kamerunerin Ntanguen (Studentin der Kulturanthropologie, europäischen Ethnologie und Medienkulturwissenschaften), Balon (Ethnologin und Journalistin) aus Nowosibirsk, sowie Peron (Geschichte und Philosophie) aus Venedig – eben keine Einheimischen sind, und denen mehr durchgehen lassen wird als unsereins. Aber immerhin darf es uns noch geben – zumindest das Grundgesetz ist uns noch hold.
*) Informationen zum Autor siehe „Künstles Sicht„