Künstle’s Sicht: Auch im Mittelmeer lässt Erdogan seine Maske fallen
– Wie wäre es mit einem Folgevertrag zu Lausanne, dem „Herbolzheimer Vertrag“?
von Albrecht Künstle *)
Einige Erdogan-Türken „stürmten“ Ende August mit ihrer blutroten Türken-Fahne den deutschen „Reichstag“ – von dem aus der Bundestag das kleiner gewordene Deutschland so regiert, wie es die Medien von ihm erwarten. Gleichzeitig herrscht im Mittelmeer ein Sturm anderer Art. Da sind Bohrschiffe der Türken in fremden Gewässern nebst militärischen Begleitschiffen unterwegs. Auch die Griechen können sich nicht gefallen lassen, was sich vor ihren Inseln abspielt und schicken Kriegsschiffe. Dabei geht es nicht nur um Öl oder Gas, das immer weniger gebraucht wird. Auch dutzende türkische Panzer wurden an die griechische Grenze verlegt.
Es ist auch wirklich nicht einfach. 1923 wurde mit dem Vertrag von Lausanne geregelt, was künftig wem gehören soll. Das löste eine kleine Völkerwanderung aus, denn 500.000 Türken mussten ihre Heimat verlassen, beklagen Erdogan und Co. immer wieder einmal. Wobei verschwiegen wird, dass die Türken nicht zu kurz kamen, denn 1,25 Mio. Griechen wurden vertrieben, weil das Land türkisch wurde. Das waren einige mehr, insbesondere prozentual zur Bevölkerung. Trotzdem verurteilt Erdogan den Land-Kompromiss zu Lausanne als „unmoralische Karten und Dokumente, die zerfetzten werden“ müssten.
Fakt ist, dass einige Inseln direkt vor der türkischen Küste griechisch sind. Im Fall Kastelorizo liegen nur zwei Kilometer Wasser zwischen dem Inselchen und einer türkischen Halbinsel. Ein Wunder, dass neben Chios, Lesbos, Samos und anderen Traumzielen der Migranten diese Insel noch nicht entdeckt ist, die man schwimmend erreichen kann. Aber vielleicht liegt das daran, dass dieses Eiland nur neun Quadratkilometer groß ist, aber mit Flugplatz!
Wer hat die Rechte an dem Meer, welches das Land umgibt? Das internationale Seerecht kennt die bekannte 12-Meilen-Zone, in der Ägäis ist es die Hälfte, also sechs Meilen. Ist der Abstand zwischen Hoheitsgebieten geringer, gilt Artikel 15 des UN-Seerechts, das von der EU übernommen wurde (doppelt genäht hält besser, und die EU-Beamten in Brüssel wollen schließlich beschäftigt sein). Darin ist geregelt, dass anstelle der Meilenzone die Gewässer halbiert werden. Griechenland und der Türkei gehören z.B. zwischen Kastelorizo und der Halbinsel je ein Kilometer Meer, mehr nicht. Grenzsteine dazwischen gibt es nicht, sodass Wassersportler schon aufpassen müssen, ob sie in griechischem blau-weißen Wasser oder in dem der rot beflaggten Türkei kreuzen. Es sich auf einer Luftmatratze gemütlich zu machen ist nicht ratsam, flugs ist man im fremden Hoheitsgewässer.
Vorliegend steht aber mehr auf dem Spiel. Der Türkei Erdogans geht es neben Rohstoffen auch um ein Großreich, das in der Tradition des Osmanischen Reiches steht. Deshalb sind dessen Bohr- und Kriegsschiffe auch teilweise nach siegreichen islamischen Herrschern benannt. Übrigens die gleichen Namen, mit den denen auch Moscheen in Deutschland geschmückt werden, Fatih, Ulu usw. Und weil sich bei uns darüber niemand aufregt, kann sich Erdogan fast drauf verlassen, dass er mit Griechenland, Europa und der NATO nach Sultans Gusto verfahren kann. Diese Appeasement-Politik kann aber schlimm enden. Das Augenzudrücken gegenüber Hitler ging auch schief.
Was ist zu tun? Ich hätte da einen Vorschlag: Wie wäre es mit einem erneuten Landtausch. Erdogan erhält die Inseln, die weniger als 12 Meilen vom türkischen Festland entfernt liegen. Das wäre zwar schlecht für die Migranten in der Türkei, aber Bedford-Strohms EKD wird sicher eine weitere schwimmende Insel auch in die Ägäis entsenden.
Und Griechenland? Es erhält das Stück Türkei zurück, das auf der griechischen „Festplatte“ Europa liegt, Ostthrakien. Es sind ja nur drei Prozent der türkischen Landfläche. Dieser europäische Teil der Türkischen Republik wurde während des Osmanischen Reiches als Rumelien (Romioi = Land der (Ost-)Römer, also der Griechen) bezeichnet … Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Gebiet Griechenland zugeteilt. Als Ergebnis des kurz darauf ausgebrochenen Kriegs fiel Ostthrakien im Lausanner Vertrag wieder an die Türkei. In einer Rede zum türkischen Unabhängigkeitskrieg 1922 tönte Erdogan am 5.9.2020 in Istanbul, „Vor einem Jahrhundert haben wir sie (die Griechen) in der Erde begraben oder ins Meer geworfen“ – Friedensverhandlung auf Türkisch.
Ergo: Wenn Erdogan sich mit seiner Theorie der türkischen Festplatte, auf der umstrittene griechischen Inseln stünden, nicht mit den Eigentumsverhältnissen aufgrund des Lausanner Vertrags abfinden will, bräuchte sich Griechenland und Europa ebenfalls nicht an den Vertrag von Lausanne gebunden fühlen.
Als Zeichen des guten Willens gibt die Türkei auch Nordzypern zurück, welches sie sich 1974 unter den Nagel riss. Türkische Streitkräfte besetzten am 20. Juli 1974 im Rahmen der „Friedensoperation Zypern“ (Kıbrıs Barış Harekâtı) den Norden der Insel. Übrigens hat die türkische Flagge Nordzyperns nicht nur oben einen roten Streifen entsprechend der polit-geographischen Situation Zyperns, dessen Norden türkisch besetzt ist. Die Flagge hat unten denselben türkisch-roten Streifen was wohl bedeuten soll, „irgendwann seid auch ihr im Süden dran!“
Dieser neue Landtausch könnte als Vertrag zu Herbolzheim (meine Residenzstadt) in die Geschichte eingehen. Aber auf mich hört ja keiner?
*) Informationen zum Autor siehe „Künstles Sicht„